Das Opfer-Entschädigungs-Gesetz SGB I §68

http://www.gesetze-im-internet.de/oeg/index.html (hier das Gesetz; die Zusammenfassung ist keine Rechtsberatung)
Eine Zusammenfassung, Linksammlung und alles was wichtig ist für in Deutschland Geborene (es gibt viele Ausnahmeregelungen auf die ich mich nicht beziehe).
Wird aktuell bearbeitet und eine Neufassung wird es 2020 geben.

1. Was ist das ?


Das aktuelle Gesetz in der Form wie wir es kennen ist seit 1985 in Kraft.
Der Staat ist dafür da uns vor kriminellen Handlungen und Gewalt jeglicher Art zu schützen.
Versagt dieser Schutz, so muß der Staat dafür haften, besonders dann, wenn man durch die Gewalteinwirkung im Leben
sich nicht mehr komplett um sich selbst kümmern kann (Stichwort Erwerbsunfähigkeit, Pflege, Krankenbehandlung etc.).

2. Welche Unterstützung gibt es durch das OEG?

 

- Heil- und Krankenbehandlungsleistungen (Bspw. Psychotherapie)
- Fürsorgeleistungen (Rehabilitationskosten für Teilnahme am Arbeitsleben, Haushaltskraftunterstützung etc.)
- Rentenleistungen (umgsp. Opferrente, bei Schädigungsfolgen ab 50%)
- Rehamaßnahmen (Kuraufenthalte, Mutter-Kind-Kur etc.)
- Angehörige, Witwen, Eltern und Waisen haben ebenso Anspruch
- Verstirbt das Opfer wird Bestattungs- und Sterbegeld gezahlt

Für die meisten wird die Rentenleistungen relevant sein, da die anderen Leistungen oftmals auch auf anderem und nicht gar so "beschwerlichen Wege" erhalten werden können.
Der Umfang vom OEG ist allerdings sehr viel größer als der der Krankenkassenzahlungen (Stichwort: Fahrtkosten zum Arzt, zusätzliche ambulante  Therapiestunden, Kunsttherapie etc.).

3. Vorraussetzungen

- Je schneller desto besser, der Ausgang eines Strafverfahrens oder ähnliches muss nicht abgewartet werden
- Die Tat muss auf deutschem Gebiet stattgefunden haben
- ein sog. "vorsetzlich begangener rechtswidriger Angriff" oder bei rechtmässiger Abwehr dessen, hinterlässt bleibende Schäden
- Nach der Tat(en) muss dringend dies der Polizei gemeldet werden und Strafanzeige erstattet werden
Ausnahmefälle können (müssen aber nicht!) in besonders belastenden Fällen (wie sex. Gewalt) die Regel der Strafanzeige aushebeln.

4. Welche Gründe der Ablehung eines Antrages gibt es

- Antragsteller unterlässt es den Sachverhalt wohlwollen zu unterstützen und zur Aufklärung beizutragen
Dies ist natürlich recht schwammig, nicht jeder Antragsteller hat die Möglichkeiten tatsächlich derart "mitzuhelfen".
Das Probleme aber aus der anderen perspektive ist, dass ohne eine neutrale klare Feststellung der Tat oder der Taten, man nicht die Leistungen
geben kann. Es muss nunmal möglichst "gerecht" sein und schwarze Schafe ausgesiebt werden.
Vereinfacht dargestellt: Drei Kinder streiten, die Vase geht zu Bruch. Der Vater kommt und fragt beide was los ist. Kind A sagt er wars nicht, B hat sie runtergeschmissen.
Kind B schweigt und sagt nichts.
Woher soll der Vater wissen was nun genau passiert ist? Ein Kind sagt nichts, das andere bei Befragung sagt das andere Kind war es.
Schwierig also und das ist eines der problematischen Moment für alle Antragsteller:
Man muss damit rechnen aktiv zu unterstützen, angetickt zu werden durch die Wiederaufarbeitung usw.
Es mag sein, dass dies psychisch nicht aushaltbar ist, aber wenn man die Leistung erhalten möchte, muss man sich der ganzen Sache sehr hart stellen.

5. Was muss ich tun

- Nachteile für Leistungsrückforderungen bei durchgegangenen Antrag müssen schriftlich eingereicht werden
- Gründe für den Verzicht der Strafanzeige müssen gut und juristsich korrekt schriftlich dargelegt werden
- Durch ein Antragsformular (formlos würde ich als direkt Betroffener schlicht ausschließen, immer mit den vorgesehenen Formularen den Antrag stellen!)
Also mit Formularen der Landesversorgungsbehörden oder mit Hilfe des bundeseinheitlichen Antragsformulars.
- als Angehöriger kann dies formlos erfolgen, weil es keinen einheitlichen Vordruck gibt

6. Bei Ablehnung des Anspruchs

- Innerhalb eines Monats muss Widerspruch eingelegt werden, folglich wird der Sachverhalt nochmal geprüft
- Wird auch dies abgelehnt hilft nur noch der Gang zum Sozialgericht, innerhalb eines Monats Klage einreichen!

7. Worauf muss man sich einstellen, wenn man OEG beantragt?

1. Das ganze Verfahren kann langwierig werden, lohnt sich bei einem positiven Entscheid aber sehr
2. Man ist ein "gläserner Mensch", da die gesamten finanziellen Verhältnisse, sowie psychische und physische Zustände offengelegt werden
3. Ohne eine gute Beratung vor dem Antrag und auch während des Verfahrens ist man schlichtweg aufgeschmissen (alleine was die Rechtssprache angeht)
4. Es ist gut möglich, dass der Antrag abgelehnt wird, man sollte sich vorher im Klaren sein, wie man dann handeln möchte und wieviel Aufwand man bereit ist auf sich zu nehmen (Beratungsstelle!)
5. Es wird immer ein Nachweis wer der Täter ist benötigt (Ausnahmen in besonderen Schwerefällen möglich)
6. Es ist und bleibt ein Behördenspiel, was kräftezehrend und ansträngend sein kann

8. OEG oder Fond "Sexualisierte Gewalt im familären Bereich"?


[unter Bearbeitung]

7. Gut zu wissen

- die Leistungen, sofern der Antrag durchging, werden vom TäterIn zurückgefordert (!), bei Einzelfällen kann aber auch dies ausgesetzt werden
- es gibt kein Schmerzensgeld
- Materielle Dinge werden nicht gezahlt
- Ohne fachkundige Unterstützung wird er höchstwhrl. abgelehnt, unbedingt Anwalt oder Beratungsstelle aufsuchen (siehe Links)
- Leistungen werden erst ab dem Datum der Antragsstellung erbracht und somit nicht rückwirkend
Ausnahme ist, wenn der Antrag 12 Monate nach der Gewalttat gestellt wird, dann kann auch rückwirgend Leistung erfolgen.
- Einzig das Gericht entscheidet ob die Angaben des Gewaltopfers wahrscheinlicher sind als dass das nicht stattgefunden habe (Urteil vom 15.12.2016 B 9 V 3/15 R)
- Geldrente wird erst gezahlt, wenn die Erwerbsminderung von mind. 30% eingetreten (Gutachter stellen bei den Folgen einer Vergewaltigung meistens einen niedrigeren Grad fest!)
- Rechtsschutzversicherung zahlt meistens die Kosten für Rechtsanwalt und den Rechtsstreit
- Prozesskostenhilfe kann ebenfalls vom weissen Ring getragen werden
- Fahrtkosten zu Gutachtern und Co. (womit man fast immer rechnen muss) können bei Mittellosigkeit erstattet und vorausgezahlt werden
- Die Dauer eines Verfahrens geht sehr häufig über 2 Jahre
- Abgelehnt wird meistens wegen mangelnder Glaubwürdigkeit oder schlicht kein Rechtsanspruch, seltener weil keine Ahnzeige gestellt wurde (zumindest im Bezug auf sexualiaisierte Gewalt, wo es schlichtweg schwer ist)

Wer hilft mir beim Antrag:

Den Antrag herunterladen um die ersten Stichpunkte zu erhalten:
https://lsjv.rlp.de/de/unsere-aufgaben/soziale-entschaedigung/opfer-von-gewalttaten-opferentschaedigungsgesetz-oeg/

Der weisse Ring kann als erste Informationsquelle genutzt werden. Dort kann auch weitervermittelt werden.
http://weisser-ring.de

Das BMAS  (Bundesministerium für Arbeit und Soziales) wäre auch eine Anlaufstelle ganz generell und grob gesagt, aber die Anfragen sind dort meist so groß, dass man Monate (!) auf Antwort warten muss.
http://www.bmas.de

Für schnelle Hilfe auch beim Thema Antrag und OEG hilft das staatlich gefürderte Hilfetelefon für Frauen.
Dort kann man sich weitere Informationen holen, wenn man einen direkten Ansprechpartner braucht (oder auch bei allen anderen Sorgen).
http://www.hilfetelefon.de/

Die Online-Datenbank für Betroffene von Straftaten unterstützt mit Informationen und weiteren Links.
http://www.odabs.org/finanzielle-entschaedigung.html

Anwälte die auf das OEG spezialisiert sind (da habe ich keine Erfahrungswerte) findet man hier:
https://www.anwalt.de/rechtsanwalt/opferentschaedigungsgesetz.php

Persönlicher Blog zum Thema OEG mit umfassenden Informationen:
http://ichwollteimmerleben.blogspot.de/p/opferentschadigungsgesetz-oeg.html

Eure Linehme


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