Dunkle Personen - Dunkle Persönlichkeiten


Da dieses Thema immer wieder mit Fragezeichen besetzt ist und oftmals zu Irritationen bei Angehörigen/Betroffenen fühlt, möchte ich dieses Thema separat behandeln.

Was sind dunkle Personen?

Im Allgemeinen wir unter „dunklen Personen“ von Teilen eines multiplen Systems gesprochen, welche oftmals das System an sich auf den ersten Blick „stören“.
Wie stört man an ein System?
Grundlegend ist ein System im Sinne von Multiplizität dazu da, den Menschen beim Überleben zu unterstützen, es überhaupt am Leben zu erhalten.

Aber wie in jeder Gemeinschaft gibt es Personen welche die Gruppe auf irgendeine Art und Weise „stören“. In einer Schulklasse sind das vielleicht die Rüpel, welche andere durch patzige oder fiese Antworten ärgern, Clowns die andere oder auch den Lehrer veräppeln und ständig den Unterricht stören etc. Jedoch sind auch diese Störenfriede auf eine gewisse Art und Weise wichtig für die Klasse und den Lehrer. Manchmal halten sie das Gleichgewicht in Waage oder bringen durch ihre Art und Weise / ihre anderen Gedanken die Gemeinschaft weiter nach vorne.

Ähnlich kann man das auf die „dunklen Anteile“ in einem multiplen System übersetzen. Leider fallen sie oftmals durch folgende Punkte auf:
• Aggressive Worte (im inneren durch bösartige Sätze, im äußeren durch aggressives, unberechenbares Verhalten)
• Selbstverletzendes Verhalten / Suizidgefährdung / Selbstmordgedanken, Suizidvorbereitung (Aussagen wie „Ich bringe uns alle um“ sind nicht selten zu finden)
• Generell destruktives / systemschädigendes Verhalten
• Täterintrojekt (Verherrlichung von Täter-Taten oder Täter-Aussagen etc.)
• Konträre Weltansicht (Andere Glaubensrichtung, Hass auf Menschengruppierungen etc.)
usw.

 

Woher kommt diese Bezeichnung?

Mir persönlich ist keine „Quelle“ bekannt, die verdeutlicht, wann diese Bezeichnung das erste Mal verwendet wurde. Ich denke es wurde irgendwann versucht von Multiplen oder Ärzten die verschiedenen „Charaktere“ in Gruppen einzusortieren und zu verallgemeinern.

Von Betroffenen selbst wird diese Bezeichnung teils verwendet, teils abgelehnt oder überhaupt nicht als Gruppierung seiner Selbst wahrgenommen. Das heißt für einige ist ganz klar, dass es „dunkle Anteile“ gibt und diese sind auch bekannt und soweit klar unterscheidbar, für andere wird diese Bezeichnung als diskriminierend wahrgenommen worden und schlicht nicht verwendet oder sogar allergisch darauf reagiert.
Wiederrum weitere kennen das in der Art überhaupt nicht, haben keine solchen Teile in sich oder können mit der Beschreibung oder Kategorisierung überhaupt nichts anfangen.

Man kann also keinesfalls sagen, dass jeder multiple Mensch „dunkle Personen“ in sich trägt! Das ist wichtig zu wissen, denn Fragen von Außenstehenden wie „Na wie heißen deine Dunklen?“ können verletzen, aggressiv machen oder völlig daneben sein.

Täterintrojekt = täteridentifizierte Innenpersonen = dunkle Persönlichkeiten?

Oftmals wird in einem Satz Täterintrojekt und dunkle Personen synonym verwendet. Ich persönlich denke, dass es auch hier wieder Unterschiede und Differenzierungen gibt. Dadurch, dass es keine feste Beschreibung oder allgemein gültige Erklärung zu diesem Begriff existiert, gibt es auch keine Regelung wie ein Betroffener diese Bezeichnung für sich selbst wahrnimmt oder was für den Betroffenen stimmig ist.

Somit können wir festhalten: Ein dunkler Anteil kann täteridentifizierend sein, kann als Täterintrojekt existieren, kann programmiert sein aber umgekehrt muss dies nicht genauso sein. Alles kann nichts muss.

Ganz generell will ich aber sagen, dass dunkle Anteile oftmals täternah agieren und dies verallgemeinert so auch wahrgenommen wird (von Angehörigen wie von Betroffenen).

 

Wie erleben Betroffene diese Teile ihrer Selbst?

Viele beschreiben diese Persönlichkeitsanteile als sehr aggressiv, negativ, gewalttätig oder sogar auch sadistisch. Oftmals wird berichtet von destruktivem Verhalten, dass dem System mit Absicht geschadet wird durch besonders schlimme Verletzungen am Körper der durch diese Anteile ausgeübt wird. Häufig überfordert es die Betroffenen, da auch ein „normaler Kontakt“ in Form von inneren Gesprächen meistens nicht möglich ist oder auch nicht gewünscht wird (von beiden Seiten).

Bei Betroffenen von organisierter Gewalt kann diese Gruppierung den Menschen wieder zu den Täter-kreisen führen, zurückbringen oder diese kontaktieren (dies müßen somit keine programmierten Persönlichkeitsanteile sein).

Seelische und körperliche Gewalt ist somit nicht selten, für den Großteil der Betroffenen werden sie als sehr bedrohlich wahrgenommen. Genauso gibt es aber auch Betroffene, die sich arrangiert haben, mit ihnen gemeinsam leben oder sie auf irgendeine Weise integriert haben ihn ihr Selbst.

Wie erleben Angehörige diesen "Zustand"?

Für sehr viele Angehörige sind diese Zustände sehr gruselig, beängstigend und bereiten Sorgen. Meistens werden sie auch als extreme Stimmungsschwankungen erstmals wahrgenommen. Vermeintlich „plötzlich“ verändert sich die Weltanschauung, die Sprache, Stimme oder Haltung des Gegenübers und eventuell wird der Angehörige verbal oder auch physisch angegriffen. Manchmal wird auch lediglich die Meinung mitgeteilt und das kann manchmal sehr irritierend für Außenstehende sein.

Welche Funktion haben diese Persönlichkeits-Anteile?

Gerne wird unter dem Mantel der Destruktivität vergessen, dass „dunkle Persönlichkeiten“ zum Überleben des Betroffenen maßgeblich mitverantwortlich sind. Das klingt erst mal völlig daneben, schließlich sind sie oft so destruktiv und stoßen gerne jegliche Hilfe von professioneller Seite oder sozialer Seite von sich weg.

Oftmals haben diese Teile des Selbst auch sehr positive Eigenschaften, die gerne übersehen werden:
• Unerschrockenheit
• Großen Mut
• Angstlosigkeit
• Unglaubliche Energie / Kraft (etwas zu bewirken, etwas durchzusetzen etc.)
• Möglichkeiten andere Innenanteile zu beeinflussen (kann man auch positiv nutzen!)
• Durch die andere Weltansicht auch andere Ideen und kreative Lösungen

Diese positiven Kräfte muss man nur nutzen lernen, die destruktiven Wege in eine gesunde Bahn lenken und schon hat man die Möglichkeit aus diesen vermeintlich schlechten Ansätzen große Beschützer zu konstruieren.

Natürlich ist dies so nicht immer möglich und manchmal helfen nur Sofort-Maßnahmen wie die Imagination jener Teile in einen separaten inneren Raum oder ähnliches um den Körper und das „Innen“ kurzzeitig zu schützen.

Aber welche Funktion besteht nun letztlich? Eigentlich ist es die Gleiche wie bei allen anderen Teilen des Selbst: Überlebensmechanismus. Die Abspaltung von täteridentifizierenden Gefühlen / Taten etc. und der damit verbundenen Erinnerung hat genauso seinen Sinn als kreative Überlebensmöglichkeit wie bei allen anderen Anteilen.

 

Wie geht man als Betroffener mit solchen Teilen um?

Wie bereits beschrieben erleben viele Multiple diese Anteile als bedrohlich, beängstigend und würden sie gerne früher als später irgendwie loswerden. Zumindest ist das die Erfahrung die ich gesammelt habe.

Ganz generell empfehle ich Betroffenen die Kommunikation zu verbessern oder überhaupt aufzubauen, denn wenn erst mal klar ist, dass ein solcher „Störenfried“ da ist und das beobachtet wird (und man selbst das nicht möchte, was der Teil tut oder sagt), ist die Not meistens besonders groß.

Eine gute Möglichkeit um die Kommunikation zu beginnen kann in der ambulanten Therapie erfolgen, denn Therapeuten kennen meistens viele Möglichkeiten um eine innere Kommunikation zu beginnen oder zu stärken.
Manchmal ist aber selbst das nicht möglich, weil eine innere Kommunikation nicht funktioniert wie es im Buche steht oder sich alles in einem weigert so eine Möglichkeit aufzugreifen. Dann bleibt meistens nicht viel, als versuchen andere Kommunikationswege zu verwenden, Briefe zu schreiben, auf den Teil beruhigend einreden oder versuchen rauszufinden woher der Teil kommt und was er „will“ oder welche „Aufgabe“ er hatte und heute hat.

Was meistens nicht viel hilft ist die totale Ablehnung, das verstärkt das Verhalten meistens. Ich denke ein guter Weg sind erst mal immer Kompromisse oder auch ganz zu Beginn die radikale Akzeptanz. Auch sollte eine Möglichkeit gegeben werden, dass dieser Teil sich ausdrücken kann irgendwie, durch Malen, Basteln, altes Geschirr kaputt machen, lautes Schreien und so weiter. Das wichtigste ist: Darüber reden, sprechen und ausdrücken! Man sollte solche Teile – so schambesetzt sie manchmal sind – nicht ignorieren und für sich behalten.


 

© Linehme

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