Ich weiß nicht, ob ich Viele bin. Also in der Klinik wurde kPTBS gestellt. Eine Therapeutin meinte, dass sie davon ausgeht, dass ich Viele bin, weil es sich so "anhört". Ich habe Alltagsamnesien, manchmal das Bedürfnis von "uns"/wir zu sprechen, meine Familie (mein Mann und erwachsene Kinder) teilen mir mit, dass ich sehr starke Gefühlsschwankungen habe und ich immer wieder sehr verpeilt bin. Ich habe keinen Plan wie ich das für mich alles einordnen soll. Wie/wann habt ihr verstanden oder erfahren, dass ihr Viele seid.?

 

Antworten von Betroffenen der dissoziativen Identitätsstruktur:

 

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Hallo Dontknow,

ich habe es erfahren, als ich während einer gynäkologischen Untersuchung geswitcht bin, das erste Mal bewusst. Ich konnte alles sehen, aber nicht mehr eingreifen. Leider war diejenige, die übernommen hat nicht sehr gesprächig. Ich war dann auch von Mittag bis spät Nachmittag in diesem Zustand, wo ich nur zuschauen konnte.
Am darauffolgenden Tag hat sich eine weitere Innenperson in meinem Tagebuch gemeldet. Und von da an ging es Schlag auf Schlag und es hat sich Kontakt zu den anderen aufgebaut.

Vor 15 Jahren hatte ich eine Freundin, die auch viele ist und sie lachte immer nur, wenn ich sagte, dass ich ein Uno sei. Tja... sie dürfte da schon mehr mitbekommen haben, als ich sehen konnte.
Den Verdacht hatte ich damals schon immer mal wieder, hab das aber schnell wieder verworfen mit der Begründung: ist nur, weil du das fast jeden Tag bei deiner Freundin erlebst.

Wurde denn schon mal eine ordentliche Diagnostik dahingehend gemacht? Das wäre auch noch eine Möglichkeit ein wenig mehr Klarheit zu bekommen. Ansonsten habe ich immer wieder angeboten, dass sich jeder im Tagebuch melden kann, der möchte. Daraufhin Jahrelange Stille und ich kam mir mächtig blöd vor, bis dann mein Tagebuch auf einmal doch sehr frequentiert war von einigen im Innen.

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Hallo Dontknow,

bei uns gab es immer wieder den Verdacht, ähnlich wie bei dir, wir haben uns dann kurz damit befasst, aber ich wollte das nicht sein. Hätte zwar vieles erklärt wie die Stimmungsschwankungen, Alltagsamnesien und die großen biografischen Lücken, aber wurde von mir abgelehnt.
In einer Klinik gab es dann ein Therapeutengespräch indemder Thera auffiel das ich unkonzentriert wirke und Ihr nicht folgen kann. Als Sie fragte meinte ich das schon seit Stunden ein Kleinkind im Innen weint und mich das wahnsinnig macht. Das war das erste Mal das die Diagnose offiziell gestellt wurde, vorher stand sie im Raum wurde aber nie gestellt. Ab da mussten wir uns mit demThema befassen, zum Glück, wie ich heute sagen kann.
Ansonsten gibt es aber wohl auch einen Test, wir selber haben diesen nie gemacht, da die Diagnose eindeutig ist.

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Ich erinnere mich, dass ich damals ein Buch zum Thema DIS gelesen habe: Vater unser in der Hölle. Es war für mich klar: Da habe ich gottseidank gar nichts mit persönlich zu tun, das ist nicht meine Baustelle.
Mir wurden Dinge im Leben gesagt, wie dass ich unterschiedliche Gesichter habe, man nie weiß mit wem man da eigentlich spricht. Ich hab diese Anmerkungen meist schulterzuckend mit "na ich hab halt Borderline" abgetan.

Irgendwann gab es einen text im Internet, wo jemand beschrieb was ich wahrnahm, es hat mich völlig fertig gemacht und ich hatte ein Gefühl von "ohweh, da beschreibt ein Viele-Mensch etwas was ich genau so erlebe und kenne" und hab das dann 1-2 Jahre fest versiegelt. Man durfte nichtmal das Wort in den Mund nehmen, mit wem sprechen darüber ging auch nicht.

Irgendwann habe ich begonnen in meinem Umfeld vorsichtig zu fragen, was die so im Kopf hören oder erleben. Mit offenem Mund erfuhr ich, dass ich da irgendwie anders strukturiert bin.

Die emotional instabile Persönlichkeitsstörung - Borderline-Typus war nicht ausreichend für das Erleben was ich+ hatte. Die Symptome wurden auch eher schlimmer, die Amnesien blieben, meist wußte ich nicht, dass ich welche habe, das merkte ich erst durch andere.

Der erste Kontakt, also bewusst ein verzweifeltes fragen wer oder was da ständig mir mir spricht ist viele Jahre her. Die Diagnose wurde dann von der Therapeutin gestellt, zusätzlich habe ich bei meinem Traumatherapeuten nach einem diagnostischen Interview gefragt. Ich hoffe das gibt mir auch nochmal schwarz in weiß was Phase ist.

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Ich habe es durchs einkaufen erfahren .Das heisst als ich zu Hause die Einkaufsachen ausgepackt habe waren Sachen dabei wie Babyflaschen Schnuller und Babynahrung .Manchmal habe ich es mitbekommen ,manchmal auch nicht .Wenn ich es mitbekommen habe war es wie ein Zwang es kaufen zu müssen konnte nicht dagegensteuern / verhindern. Ich stand dann Ewigkeiten im Laden und konnte ihn nicht verlassen.Hat eine Weile gedauert bis ich mich getraut habe meiner Therapeutinn davon zu erzählen.Sie erklärte es mir dann .

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Mh, bei uns war das irgendwie komplex.
Unsere alte Host dachte schon als Kind sie könnte zaubern, weil sie sich "absichtlich" wegbekamen konnte bzw. alles mögliche "magische" erlebt hat. Auch dass sie manchmal woanders aufwacht oder dass sie in heißes Wasser greifen kann, ohne etwas zu bemerken, war relativ normal. Es waren auch sehr viele komische Situationen, die so nicht sein konnten, aber sie hat da wohl nicht näher darüber nachgedacht. Eine von uns hat erzählt, dass sie als Teenager eine sehr wichtige Prüfung verpasst hat und erst wieder im Körper war, als die schon vorbei war. Sie hat aber bestanden, also war ihr klar, dass da wohl irgendetwas gewesen sein musste. Aber, da dieses "wegbeamen" für "uns" ohnehin normal war, war das dann auch nicht so neu. Ich persönlich wusste schon immer, dass wir mehrere sind, weil ich erst relativ spät dazugekommen bin, da haben sich die anderen schon begonnen anzunähern, die Zeit davor, kann ich leider nicht beurteilen, aber alle haben sicher nicht bemerkt, dass da mehrere waren. Dass etwas nicht "normal" ist hab ich erst realisiert, als wir in einer Gruppentherapie gesessen sind und ich nicht wusste mit welchem inneren Kind ich denn sprechen sollte. Da war die Therapeutin etwas irritiert. Und dass ich über einen Scherz lachen musste, paar Sekunden nachdem die andere ein Häufchen Elend war, hat sie auch erstaunt. Ich hab dann mal vorsichtig bei FreundInnen nachgefragt, ob die denn nicht mehrere wären, aber hab es dann wieder lassen, weil sie scheinbar nicht verstanden was ich genau meinte.
Das wir tatsächliche mehrere sind und das nicht normal ist sondern einen Namen hat wissen wir erst seit ca. einem Jahr. Wir haben zufällig eine Forschungsarbeit zum Thema DIS gelesen und ich war total geschockt, weil ich dachte, die Person hat über uns geschrieben.
Oh, eine von uns hab ich erst vor kurzem bemerkt, aber nur, weil sie mit der Thera über mich geredet hat. Die weiß noch immer nicht, dass wir tatsächlich mehrere sind.
Sorry, hoffe das war jetzt nicht zu wirr *:)

Liebe Grüße

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Hallo !

Leider habe ich die Diagnose erst vor wenigen Jahren bekommen. Mit Mitte 40. Ich bin ein wenig traurig dass das so spät war. Es wäre schön gewesen, wenn ich mich früher besser selbst verstanden und von anderen verstanden gefühlt hätte.
Ich hatte schon als Kind wahrgenommen, dass ich eine sehr verträumte Seite und auch eine sehr entgegengesetzte Seite hatte.
Das erlebte ich auf dem Gymnasium sehr krass.
Ich hatte Blackouts und so oft, dass ich nicht mehr zur Schule wollte. Meine Eltern haben mich dann auf die Haiptschule versetzt. Dort machte ich meine Fachoberschulreife...und war ziemlich innerlich abgetaucht.
In der 9.klasse machte ich ein Praktikum im Krankenhaus. Da war ich total gut und plötzlich voll neben mir. Das war sehr krass. Dort hat mich vieles angetriggert...
Dann ist immer wieder diese sehr kluge Seite in mir aufgetaucht und ich konnte plötzlich wieder lernen.
Habe als Erzieherin gearbeitet und als Heilpädagogin. Da konnte ich ziemlich gut mit den Kindern umgehen...
Dann kamen immer wieder Einbrüche...Hörsturz, Tinnitus, Blackouts... da gibt es eine Künstlerin in mir, die ändern können nicht so gut malen und die Kluge, lerneifrige...beide haben berufsbegleitend ein Studium gewuppt und mit den anderen innenpersonen Kinder großgezogen...
Das ging nur, weil wir viele waren, die sich abgewrchselt haben. Ich habe es aber erst
gemerkt, als ich mich getrennt habe und die im Vordergrund zusammengebrochen ist.
Da hab ich eines Tages zu mir gesagt...ich kann nicht mehr. Da ist vermutlich noch jemand in mir...egal wer, aber jemand anders muss hier übernehmen. Dann gab es ein erstes bewusstes Switchen und von jetzt auf gleich ging es mir richtig gut. Meine Gedanken waren klar und ich war fähig weiter zu gehen...das war krass...da hab ich mir dann ein Buch dazu gekauft...
Es hat dann noch zwei Jahre bis zur Diagnose gebraucht. Bin vorher in einer Uniklinik gewesen, wo man sehr skeptisch gegenüber die war und leider ist mir das öfter passiert...bis ich einen Therapeuten fand, der mich ernst genommen hat.
Jetzt lerne ich nach und nach alle in mir kennen.

Liebe Grüße

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Hm, also ehrlich gesagt weiß ich das nicht mehr genau.
Ich glaube, es lag an der Therapeutin, bei der ich damals Therapie machte. Ich wollte mich eigentlich auf Autismus testen lassen und bekam bei einer der 1. Sitzungen so einen heftigen Blackout... da war dann klar, dass ich nicht autistisch bin.

Ich weiß nicht mehr, warum ich eigentlich in dieses Forum gegangen bin. Das musste ja auch einen Grund gehabt haben. Aber ich habe viel über dieses Forum gelernt, also viel aus den Erfahrungen der anderen, ich konnte dann verlgleichen und abwägen. Weil aus den ganzen Büchern wurde und werde ich nicht schlau... diese Fachbücher, ich kenne zwar das Wissen darin, aber ich kann es nicht auf mich persönlich anwenden.

Ich habe dann eine Viele-Frau im Internet angeschrieben. Wir hatten einen kurzen Mailkontakt. Sie war auch Ärztin. Daher hatte ich etwas Vertrauen in ihre Meinung. Sie hat mir dann meine Mails ziemlich zerkleinert. Also mich zitiert, so in dem Sinne, wenn "ich" von "mir" spreche gibt es also einen. Wenn ich dann vom "Du" spreche, gibt es noch einen. Und wenn es jemanden gibt, der darüber spricht, ist das schon Nummer 3. Das hat richtig reingehauen. Ich hab das immer wieder gelesen und nachgeprüft. Das hat mir ziemlich Angst gemacht.

In der Trauma-Therapie habe ich die kPTBS ziemlich geleugnet. Ich hatte damals noch gearbeitet. Ich war ja normal! Auch wenn ich viele Seiten an mir dann kennenlernte... und sogar richtig fühlen konnte... egal, es gab einen Teil in mir, der geleugnet hat. (Heute weiß ich, dass es zum Schutz war.)

Jetzt mache ich wieder Therapie und mithilfe dieser Therapeutin gelingt es mir, besser zu erkennen. Ich habe eine DSNNS, daher ist das alles nicht so klar definiert in mir. Aber es ist für mich nicht mehr so wichtig, wie es heißt. Wichtig ist, dass ich mich ernst nehme in meinem So-Sein. Dass es ziemliche Paradoxien in mir gibt etc...

Ich denke, dass da doch was dran ist. Ich merke es z.B., wenn ich in einem Moment etwas sage, im anderen Moment das völlige Gegenteil und mein Gegenüber total irritiert oder genervt ist.

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